Wolfgang Gust

Veröffentlichungen: Irrweg Lepsiushaus



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Wolfgang Gust



Subject: Irrweg Lepsiushaus

Irrweg Lepsiushaus

Am 16. Juni 2005 hatten alle Fraktionen des damaligen Bundestags eine Resolution „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibung und Massaker an den Armeniern 1915“ verabschiedet. Die deutschen Parlamentarier entschuldigten sich beim armenischen Volk für den Völkermord der Jungtürken, dem Deutschland als Allianzpartner tatenlos zugesehen hatte. Zwar vermieden sie aus Rücksicht auf die Türkei das Wort „Genozid“, dennoch sorgte ihre Erklärung weltweit für Aufmerksamkeit.

Die Bundestagsabgeordneten erklärten sich ausdrücklich „fest davon überzeugt, daß eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte notwendig ist“ und sahen Deutschland „in der Pflicht, sich der eigenen Verantwortung zu stellen. Dazu gehört, Türken und Armenier dabei zu unterstützen, über die Gräben der Vergangenheit hinweg nach Wegen der Versöhnung und Verständigung zu suchen.“

Zwei Jahre später erinnerte der „Zentralrat der Armenier in Deutschland“ (ZAD) daran, daß in der Resolution nicht nur „die Taten der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reichs, die zur fast vollständigen Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich geführt haben“ deutlich wurden, sondern auch „die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfältigen Informationen über die organisierte Vertreibung und Vernichtung der Armenier nicht einmal versucht hat, die Gräuel zu stoppen“. Sein Urteil: „Deutschland wird seiner Verantwortung gegenüber den Armenier nicht gerecht.“

Für die Durchführung der Resolution erklärte sich - mit dem Plazet des Bundestags - eine Institution für zuständig, die zu Ehren von Johannes Lepsius gegründet worden war. Der hatte als einer der ganz wenigen Deutschen die Verbrechen an dem ältesten Christenvolk der Welt publik zu machen versucht, was während der Kaiserzeit von einer rigorosen staatlichen Zensur - und der evangelischen Kirche - verhindert worden war. Doch wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs war das öffentliche Interesse am Genozid verblaßt und damit auch an Lepsius.

Wenn heute Johannes Lepsius wieder eine große Rolle spielt, dann ist das in erster Linie dem Theologen und Lehrstuhlinhaber für Konfessionskunde der Orthodoxen Kirchen an der Universität Halle, Prof. Hermann Goltz zu verdanken, dem in der ehemaligen DDR der Nachlaß des Theologen Lepsius anvertraut worden war. Herr Goltz war es auch, der über politische Freunde in der Bundestagsresolution die Formulierung verankerte: „Besonders das Werk von Dr. Johannes Lepsius, der energisch und wirksam für das Überleben des armenischen Volkes gekämpft hat, soll dem Vergessen entrissen werden“.

Doch dieser Satz sollte sich als fatal für den deutschen Beitrag zur Aufarbeitung des größten Kapitalverbrechen des Ersten Weltkriegs und als Betrug an den Armeniern erweisen, die allerdings lange Zeit nichts davon merkten und ihm - ungewollt - sogar Vorschub leisteten. Denn mit diesem Satz gelang es Hermann Goltz, den ursprünglichen Sinn der Resolution auszuhebeln.

Der Hallenser Professor hat nie etwas Eigenständiges über den Völkermord an den Armeniern publiziert und war immer nur ein Lepsius-Spezialist. Er gründete den „Förderverein Lepsiushaus Potsdam e.V.“, um die verfallene Villa in Potsdam renovieren zu lassen, in der Lepsius zwischen 1907 und 1925 wohnte, und dort eine Gedenkstätte einzurichten. Dann lenkte er das Interesse der Bundestagsabgeordneten und vor allem der Armenier auf sein Projekt. Viele Armenier spendeten Geld und traten in den Förderverein des Hauses ein. Denn Lepsius ist für sie - und das völlig zu Recht - ein Volksheld.

Unumstrittener Chef dieses Lepsiushauses ist Herr Goltz. Er holte - neben Verwandten von Lepsius - wichtige Vertretern der protestantischen Kirche in den Vorstand und auch eine Armenierin. So abgesichert drängte er den Genozid immer mehr in den Hintergrund, was durchaus auch im Sinne nicht weniger Deutscher ist, denen an einer Aufarbeitung der Rolle des Kaiserreichs nichts liegt. Denn wenn Lepsius als der große Aufklärer des Völkermords gilt, so war er in Fragen der deutschen Mitverantwortung am Genozid der große Verdunkler. Gleich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hatte er die deutschen Dokumente des Auswärtigen Amts über das mörderische Geschehen herausgegeben, die deutsche Rolle dabei aber - durch Weglassungen oder Verfälschungen - soweit als möglich vertuscht.

Aber immer noch verpflichteten Herrn Goltz die Formulierungen der Resolution, die eine Aufarbeitung des Genozids und eine Aussöhnung zwischen Armeniern und Türken forderte. Um sich davon zu befreien, ohne die erheblichen Mittel des Bundestags (100000 Euro jährlich) für das Lepsiushaus zu gefährden, stellte der wendige Professor einen Projektantrag an das Parlament, „der alle zuständigen Gremien des Bundestages durchlaufen hat“, wie er in seiner letzten Verlautbarung schreibt. Anders als im Sommer 2005, als eine Welle von Anerkennungen des Völkermords an den Armeniern durch andere Parlamente den Bundestag unter Druck gesetzt hatten, lief der Änderungsantrag weitestgehend unbemerkt durch die Gremien des Parlaments. Lediglich die Linksfraktion verweigerte ihr Plazet.

Nach diesem Antrag soll im Lepsiushaus nicht Forschung betrieben werden, sondern vor allen Dingen Öffentlichkeitsarbeit. Den Völkermord 1915 an den Armeniern stellt der Hallenser Professor völlig eigenmächtig an die letzte Stelle der Agenda seines Vereins - und niemand protestierte.

„Die vom deutschen Bundestag beschlossene Förderung“, erläutert Herr Goltz nun, „ ist bestimmt für die Einrichtung einer öffentlichen ständigen Ausstellung zu Leben und Werk von Dr. Johannes Lepsius sowie für die Einrichtung des Johannes-Lepsius-Archivs und einer Forschungsbibliothek im Lepsiushaus Potsdam. Die Öffentlichkeitsarbeit des Lepsiushauses ist thematisch dem gesamten Spektrum des Lebens und Werkes“ von Lepsius gewidmet. „Zu diesem Spektrum gehört zuallererst der Kampf des Johannes Lepsius gegen die hamidischen Massaker wie auch die Schaffung seines großen Armenier-Hilfswerkes ab 1896. Es gehört ebenso dazu sein politisches Wirken für die Armenischen Reformen im Osmanischen Reich (1912-1914) wie auch sein Kampf gegen den Völkermord an den Armeniern (1915 ff).“

Johannes Lepsius hatte seit 1896 das „Armenische Hilfswerk“ mit Kranken- und Waisenhaus sowie Arbeitsstätten für die von Sultan Abdul Hamid verfolgten und zu Hunderttausenden hingeschlachteten Armeniern aufgebaut. Außerdem hatte er in zwei wichtigen Schriften - der im Herbst 1896 erschienenen Dokumentation „Armenien und Deutschland“ sowie 1916 im „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“, der als Buch erst nach Ende des Ersten Weltkriegs erscheinen konnte - die Leiden des ersten Christenvolkes der Welt in Deutschland publik gemacht. Diese Veröffentlichungen gelten unter Genozidforschern als die größte Leistung von Lepsius.

Das aber sieht Professor Hermann Goltz völlig anders. „Die Funktion der primären Lepsius-Dokumentationen von 1896 und 1916“, belehrt er die Öffentlichkeit nunmehr, „war das eigentliche ‚Hauptanliegen’ von Johannes Lepsius“. Und das, so Herr Goltz, war „ein ganz und gar praktisches, nämlich die höchst arbeitsintensive Gründung und noch schwierigere Erhaltung seines Armenier-Hilfswerkes von 1896 an bis in die Zeit nach dem 1. Weltkrieg.“ In seiner Zeitschrift „Der Orient“, Jahrgang 1915, Heft 8 hatte tatsächlich auch Johannes Lepsius selbst „die Sammlung für den armenischen Notstand“ als den „Hauptzweck für meinen Bericht“ (über den Völkermord 1916) bezeichnet.

Damit ist in Deutschland nach dem in aller Stille durchgeführten zweiten Votum des Bundestags offiziell der Völkermord von 1915/16 als noch wenig aufgeklärtes Forschungsobjekt vom Tisch. Gesprochen werden soll nur noch von der Hilfearbeit des Johannes Lepsius. Das ist nicht nur eine Zumutung für die Armenier der Diaspora, für die der Genozid nahezu identitätsstiftend ist - und nicht etwa die Hilfstätigkeit eines deutschen Armenierfreundes -, sondern auch eine Täuschung der Weltöffentlichkeit.

Dem Bundestag, argumentiert Herr Goltz nun, ginge es hauptsächlich darum, die deutsche Hilfe für die vertriebenen Armenier und den Verbleib der völlig verarmten Witwen und Waisen herauszustellen, wovon in der ursprünglichen Bundestagsresolution kein Wort steht. Sollte das aber wirklich dem Willen der Abgeordneten entsprechen, dann dürfte das Geld erst recht nicht in das Lepsiushaus fließen, denn Lepsius konnte im Ersten Weltkrieg nur einen Bruchteil der beachtlichen Armenier-Hilfe beisteuern.

Exkurs: Die deutsche Hilfe für die armenischen Opfer im Ersten Weltkrieg und danach

Die mit Abstand größte deutsche Hilfsorganisation im ersten Weltkrieg war der Frankfurter „Hülfsbund für christlichen Liebeswerk im Orient“. Der unterhielt in der Türkei 5 Hauptstationen und 29 Nebenstationen, in deren Waisenhäusern etwa 1500 Kinder untergebracht waren und in deren Schulen mehr als 3300 Kinder von 109 Lehrern unterrichtet wurden. Dem Hülfsbund gehörten 26 Missionarinnen und Missionare an, der einzigen Lepsius-Station in der Türkei, Urfa, gerade mal zwei.

Diese Relation sah auch das damalige Auswärtige Amt so. Dem AA angebotene Hilfsgelder von Privaten in Höhe von 22000 Mark verteilte der AA-Sachbearbeiter Rosenberg so: 15000 Mark für den Hülfsbund, 5000 Mark für die Blindenmission in Malatia und 2000 Mark „als vorläufige Reserve“. Bedingung sei aber, so Rosenberg an Hülfsbund-Chef Schuchardt, „dass ausser Ihnen selbst niemand etwas über die Herkunft des Geldes d.h. über die vermittelnde Tätigkeit des AA.'s erfährt.“

Tatsächlich liefen während des Genozids über deutsche Kanäle in der Türkei nicht nur deutsche, sondern vor allem erhebliche ausländische Geldmittel, denn nur Deutschland konnte seine diplomatische Korrespondenz verschlüsseln und die über eigene Banken abgewickelten Finanztransaktionen damit eine Zeitlang vor den Türken verbergen. Allerdings handelte es sich dabei fast ausschließlich um amerikanische Spenden, die über den Schatzmeister des „American Board of Commissioners for Foreign Missions“, William W. Peet, liefen, der in Konstantinopel dem amerikanischen Bibel-Haus vorstand. Sein wichtigster Verbindungsmann war der Armenienspezialist in der deutschen Botschaft, Johannes Mordtmann, der diese Gelder fast ausschließlich nach Adana und Aleppo weiterleitete.

Dort hatten die amerikanischen Konsuln, vor allem aber zwei Hülfsbund-Schwestern - die Deutsche Paula Schäfer und mehr noch die Schweizerin Beatrice Rohner - ein großartiges Hilfswerk aufgezogen, das Tausenden von Armeniern das Leben rettete. Das Lepsius-Hilfswerk in Urfa kommt in der umfangreichen deutschen Korrespondenz über die heimlichen Hilfeleistungen nur ganz am Rande vor.

In dem von der Deutschen Orient-Mission (DOM) betriebenen Lepsius-Hilfswerk in Urfa arbeiteten während des Weltkriegs mit den Gebrüdern Bruno und Franz Hugo Eckart zwei Deutsche. Franz Eckart hauptsächlich als Betriebsleiter der von Lepsius aufgebauten Teppichmanufaktur, mit der Hilfsaktionen finanziert wurden, und beide als Propagandisten einer deutschen Vormachtstellung in der Türkei. Die wichtigsten Personen waren zwei Ausländer: Der Schweizer Diakon Jakob Künzler leitete das Krankenhaus und die medizinische Versorgung, kümmerte sich aber auch um armenische Waisen, die von der DOM seit Mitte 1916 nicht mehr betreut wurden, indem er sie hauptsächlich bei syrisch-christlichen Familien unterbrachte. Die Dänin Karen Jeppe war wie Künzler Angestellte der DOM, lebte aber oft außerhalb Urfas, wo sie sogar armenische Männer versteckte und dadurch rettete. Wissenschaftlich gearbeitet haben über diese beiden herausragenden Persönlichkeiten aber keineswegs Herr Goltz oder das Lepsiushaus, sondern der Schweizer Historiker Hans-Lukas Kieser (über Künzler) und der dänische Historiker Matthias Bjørnlund (über Karen Jeppe).

Schon am 22. Juli 1916 hatte Künzler dem deutschen Konsul Walter Rößler in Aleppo gemeldet: „Unter der Hand ist es mir gelungen, hier Ueberreste des armenischen Volkes, Waisenkinder, bereits 150 an der Zahl, zu unterstützen und sie so vom drohenden Hungertode zu retten.“ Und er schrieb auch, wer ihm dieses Werk ermöglichte: „Dank der Hülfe aus der Schweiz.“ Am 18. Oktober berichtete er: „Durch Herrn Dr. Vischer in Basel sind mir in der letzten Zeit bedeutende Summen zugestellt worden zur Unterstützung der übriggebliebenen Armenier, Waisen und Witwen. Bereits ist die Zahl der Waisen auf 400 gestiegen, die der Witwen auf 60 und täglich kommen neue dazu“, wobei der Deutsche Eckart zum Kummer von Künzler nur eine beschränkte Anzahl unterstützte. Anfang Mai 1917 unterhielt Künzler 2200 Waisen, für deren Unterhalt aus Basel erheblich mehr Geld kam als aus Potsdam, zusammen mit den amerikanischen Geldern doppelt so viel wie aus Deutschland. Und während der Hülfsbund es schaffte, seine Mitarbeiter mit Hartgeld zu versorgen, mußte sich Künzler mit Papiergeld durchschlagen, das durch Inflation auf einen Bruchteil seines Wertes gesunken war. So sprang der Hülfsbund auch in Urfa ein, und ohne die Hilfe des deutschen Konsuls Walter Rößler, der auch Mitglied des DOM-Kuratoriums war, hätte Künzler seine Waisen kaum über Wasser halten können.

Nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg war jede weitere deutsche Hilfe vorerst unmöglich. Künzler arbeitete deshalb für die Schweizer Hilfsorganistion „Bund“, die aber Ende 1921 ihre Hilfe aus finanziellen Gründen einstellen mußte, worauf sich das Ehepaar Künzler Anfang 1922 der amerikanischen Near East Relief anschloß, das bis dahin bereits 25.000 armenische Waisen nach Syrien und Griechenland evakuiert hatte. Die Großtat des Ehepaares Elizabeth und Jakob Künzler bestand darin, innerhalb dieses amerikanischen Netzwerkes 6.500 armenische Waisenkinder (in anderen Quellen ist von 8.000 die Rede) aus der Türkei ins französische Mandatsgebiet Syrien zu führen und in Ghazir im Libanongebirge ein Waisenhaus für 1.400 von ihnen aufzubauen.

Wie aber stellt Propagandist Hermann Goltz die Leistung des Schweizer Ehepaares hin? In dem mit deutschen Staatsgeldern gedrehten Film „Phönix und Asche“ schlägt er den Künzlerschen Waisentransport schlicht dem Lepsius-Hilfswerk zu, obgleich Lepsius dazu in den ersten Nachkriegsjahren praktisch nichts beitragen konnte. Im Film schreitet Herr Goltz durch das ehemalige Armenierviertel in Urfa, und auf alten Fotos werden die damaligen armenischen Mitarbeiter gezeigt. Dann macht der Film einen Bogen von Urfa nach Ghazir und vermeldet die 8000 geretteten Kinder per Sachzeile ohne jeden Hinweise auf die wirklichen Vorgänge. Vor Gymnastik treibenden armenischen Waisen wird schließlich verkündet, daß Lepsius in Ghazir ein Waisenhaus betrieben habe. Herr Goltz verschweigt, daß erst 1924 die neugegründete „Dr. Lepsius Orient Mission“ überhaupt wieder bescheidene Gelder für das in all den Jahren zuvor unter Künzlers Leitung stehende Waisenhaus in Ghazir aufbringen konnte, wo erst 1928 (nach dem Tod von Lepsius) das Künzlersche Heim den Namen „Lepsius-Haus“ erhielt und mit 106 Kindern noch kurze Zeit als deutsches Werk betrieben wurde.

Auch Karen Jeppe hat sich mit einer Großtat die Herzen der Armenier erobert, eine Leistung, die ebenfalls nichts mehr mit dem Lepsius-Hilfswerk zu tun hatte. Sie mußte zum Kriegsende in Dänemark ihren Flecktyphus auskurieren, kehrte dann 1921 nach Syrien zurück und arbeitete für den neugegründeten Völkerbund. Für den holte sie Tausende von armenischen Mädchen vor allem aus arabischen Hauhalten, wo sie Zuflucht gefunden hatten. Entweder kaufte sie die Armenierinnen frei, oder ließ sie auch schon mal entführen. Wie Jakob Künzler war auch Karen Jeppe fast ausschließlich auf nicht-deutsche Hilfeleistungen angewiesen.

In seiner eigenen Mikrofiche-Edition des Lepsiusnachlasses hätte Herr Prof. Goltz nachlesen können, daß selbst Johannes Lepsius über sein Werk und seine Verdienste ganz anders dachte als sein Nachlaßverwalter. Deutschland - und damit auch er selbst - schrieb Lepsius, hätte nach dem Kriegsende „so gut wie nichts“ für die armenischen Hinterbliebenen getan. Und Lepsius wußte ganz genau, daß die armenischen Waisenkinder weitgehend den Amerikanern ihr Leben verdankten. „Das Near East Relief Work ist das reinste und großartigste aller christlichen Liebeswerke, die die Welt je gesehen“ habe, schrieb er im Herbst 1925. „Die Anfangszahl der Waisen, die das Relief dem Hungertod entrissen hat, betrug 110.000.“ Und auch die Größenordnung der deutschen Leistung sah Lepsius genau. „Von 60.000 Waisenkindern, die von dem amerikanischen Gesamtwerk unterhalten worden sind, haben wir 400 übernommen.“

Indem der deutsche Bundestag die Erforschung des Völkermords voll dem Lepsiushaus überließ, ergibt sich heute die paradoxe Situation, daß sich in Deutschland neben den Armeniern hauptsächlich Türken und Kurden für den Völkermord interessieren und bereits eine beachtliche Arbeit leisten, ihn aufzuarbeiten. Ermuntert wurden sie dazu durch eine erstaunliche Entwicklung in ihrem Mutterland, wo - wenn auch noch häufig im Untergrund - der Völkermord mit großer Leidenschaft diskutiert wird. Und das, obgleich der berüchtigte Strafgesetzbuch-Artikels 301 schon die Erwähnung des Wortes „Genozid“ mit Gefängnisstrafen belegt.

Erst vor kurzen brach Premier Tayyib Erdogan ein Tabu, indem er im Parlament von den Dersim-Kurden sprach, woraufhin die türkischen Nationalisten sofort den Plenarsaal verließen. Denn die „Dersim“ sind vor Jahrzehnten in „Tunceli“ umbenannt worden. Noch zu Lebzeiten von Atatürk wurden sie mit Frauen und Kindern fast ausgerottet, unter anderem weil sie während des Völkermords vielen Armeniern zur Flucht verholfen und andere versteckt hatten. Einige dieser Dersimkurden hielten sich schon vor dem Völkermord sogar selbst für Armenier, was in der Jungtürkenzeit einem Todesurteil gleich kam.

Während sich in der Türkei immer mehr Intellektuelle dem Staatstabu Nummer eins nähern, sind die deutschen Parlamentarier - via Lepsiushaus - von der Aufarbeitung des Genozids abgerückt und damit auch von der völlig offenen Frage einer deutschen Mitverantwortung. Und sie lassen zu, daß die erheblichen Gelder des Bundestags für ein Spektakel ausgegeben werden, das immer peinlicher wird.

Jedes Jahr gedenken die Armenier am 24. April des Genozids, denn an diesem Tag hatte im Jahr 1915 die Polizei in der damaligen osmanischen Hauptstadt Konstantinopel nahezu alle armenischen Politiker und Publizisten, Literaten, Ärzte und Kaufleute verhaftet - praktisch die gesamte armenische intellektuelle Elite im Osmanischen Reich. 2009 hatte ich die Ehre, in der Frankfurter Paulskirche eine der beiden Festreden zu diesem Gedenktag zu halten. Darin wies ich unter anderem darauf hin, daß Lepsius 1916 seinen berühmten Bericht über die Lage des armenischen Volkes in 20000 Exemplaren gedruckt und per Post an die kirchlichen Verteilerstellen für die evangelischen Pfarrer verschickt hatte. Doch keiner dieser Berichte kam an, weil die protestantische Kirche dies verhinderte. Lepsius hat sich über diese kirchlichen Eingriffe mehrfach bitterlich beschwert. Statt all diese Ungereimtheiten zu erforschen, so behauptete ich, habe sich in Potsdam ein kirchlicher Kreis gebildet, der nicht das geringste Interesse daran zu haben scheint, Licht in das Dunkel zu bringen, sondern nur darin, die Ikone Lepsius zu pflegen. Johannes Lepsius wäre höchst unglücklich, so meine Schlußfolgerung in der Paulskirche, wenn er sähe, daß sein Haus die Stätte eines völlig unprotestantischen Heiligenkults geworden ist. Es wäre höchste Zeit, daß endlich der Armenier gedacht würde und nicht nur eines einzelnen Deutschen, auch wenn der Ehren verdient hat.

Ich habe nicht wenige Reden zum Genozidthema gehalten, auch vor einem zahlreicheren Publikum als in Frankfurt. Doch so großen und so anhaltenden Beifall wie dort hatte ich noch nie erhalten. Es kann also nicht alles falsch gewesen sein, jedenfalls nicht für das weitgehend armenische Publikum. Doch was war die Antwort von Hermann Goltz? Alles Falschmeldungen, Falschmeldungen, und nochmals Falschmeldungen. Keine meiner diversen Informationen hat Herr Goltz widerlegt, sondern nur behauptet, daß das Lepsiushaus nicht, wie ich meinte, „von der protestantischen Kirche" betrieben. Ich nehme daher zur Kenntnis, daß beispielsweise der Vorsitzende des Fördervereins Lepsius-Haus, Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulz oder der Geschäftsführer des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins, Peter Leinemann, nicht als Repräsentanten der protestantischen Kirche im Vorstand des Lepsiushauses fungieren. Das bestätigt aber auch, daß der alleinige Betreiber Herr Goltz ist, wer immer von ihm in den Vorstand berufen wird.

Exkurs: Ein Heldenkult vergangener Zeiten

Um antisemitische und andere seltsame Äußerungen von Lepsius, so beispielsweise seine Ermunterung zum Krieg, abzuschwächen, nannte Herr Goltz ihn einmal „ein Kind seiner Zeit“. Aber auch er ist ein Kind seiner Zeit, seiner DDR-Zeit, in der die Geschichtswissenschaft stets real-sozialistischen Propagandazielen dienen mußte. So erinnert heute der Kult im Lepsiushaus sehr an die Heldenverehrung zu Sowjetzeiten.

In keiner Manifestation des Lepsius-Personenkults kommt die typisch kommunistische Protzsucht so sehr zum Vorschein wie bei der Aufstellung monströser Steine in der Lepsius-Pfarrstelle Friesdorf und in Potsdam - nicht etwa als Erinnerung an die armenischen Opfer oder an den Völkermord selbst, sondern an den Kampf von Lepsius (samt Ehefrau) gegen den Genozid.

Sehr typisch für diesen Heldenkult ist die Vorliebe für Verherrlichungen in Filmen und Romanen, die jederzeit Wahrheit und Dichtung vermengen dürfen. Dieser Methode bedient sich auch Herr Goltz. Das neueste Lobeswerk ist der vom Lepsiushaus gesponsorte Roman von Brigitte Troeger „Brennende Augen“, in dem das Leben von Lepsius rein literarisch überhöht wird. In seiner Besprechung stellt Raffi Kantian, Schriftleiter der „Armenisch-Deutschen Korrespondenz“ zu Recht die Frage, „ob es nicht besser gewesen wäre, eine klassische Biographie zu verfassen“.

Noch besser demonstriert der Film „Asche und Phönix“ die Flucht aus der Geschichte. In Fotos gezeigte armenische Helferinnen in Urfa müssen plötzlich „fortgehen“ und niemand erfährt, daß es sich um das Jahr 1915 handelte und die Frauen deportiert wurden. Prof. Goltz ließ zu, daß der neben ihm stehende Regisseur Manfred Blank nach dem Film behauptete, schon Bismarck habe Pläne für deutsche Kolonien in der Türkei geschmiedet, obwohl gerade Bismarck sein Auswärtiges Amt ausdrücklich angewiesen hatte, die Hände vom Osmanischen Reich zu lassen. Erst einige Jahre vor Ausbruch des Weltkriegs träumten deutsche Politiker von deutschen Interessengebieten in der Türkei, für die Lepsius auch die Armenier zu gewinnen trachtete. So viel zur „Wissenschaftlichkeit“ des Beraters Hermann Goltz, die er immer wieder zu strapazieren pflegt.

Als den für den Film aufregendsten Fund bezeichnete die Regisseurin Merlyn Solakhan ein Fotoalbum aus Friesdorf - nicht etwa über den Völkermord, sondern über die Errichtung einer Teppichfabrik, die Lepsius später abbauen und nach Urfa schicken ließ. Der Lepsius-Film degenerierte zu einem Heimatfilm - mit einer einzigen Passage über eine Deportationsstrecke in Syrien, deren Idee aus einem bestehenden Film kopiert wurde.

Herr Goltz arbeitet neuerdings in einer Art und Weise, die mir aus der unmittelbaren Nachkriegszeit noch sehr gut in Erinnerung ist. Als der dunkle Schatten des Holocausts auf alle Deutschen fiel, entdeckten viele auf einmal, daß sie jüdische Freunde oder Bekannte hatten, und deshalb angeblich nicht gegen Juden eingestellt sein konnten. Von „Hausjuden“ war damals spöttisch die Rede. Weil Lepsius vor einiger Zeit wegen einer antisemitischen Äußerung („das jüdische Volk hat ja Mittelalter und Neuzeit als Parasiten der Germanen überdauert“) angegriffen wurde, versucht nun auch Herr Goltz „Hausjuden“ schützend vor seinen Lepsius zu stellen.

Exkurs: Der jüdische Schutzschild über Johannes Lepsius

Schon in dem Thematischen Lexikon seiner Mikrofiche-Edition des Lepsiusarchivs stellt Prof Goltz den bekannten jüdischen Intellektuellen Kurt Hahn über Gebühr heraus. Lepsius und Hahn arbeiteten in Holland - wo Lepsius nach ursprünglicher Lesart von Herrn Goltz nur eine Krankheit auskurierte - gemeinsam für den deutschen Auslands-Geheimdienst und waren auch durchaus befreundet. Das war es dann aber auch.

Nunmehr bemüht Herr Goltz auch den deutsch-jüdischen Juristen Robert Kempner, den späteren Stellvertreter des amerikanischen Chefanklägers im Nürnberger Naziprozeß sowie den polnisch-jüdischen Juristen Raphael Lemkin, den „Vater“ der Anti-Genozid-Konvention der Uno, um mit beiden Lepsius zu edeln. Im Begleitbuch der erwähnten Mikrofiche-Edition, wo sämtliche Lepsius-Kontakte bis zu den letzten Waisenkindern namentlich aufgeführt sind, kommen aber Kempner und Lemkin überhaupt nicht vor. Welchen Einfluß Lepsius auf sie gehabt haben soll, verrät uns Herr Goltz nicht. Sicher ist nur, daß für beide Genozid-Vorkämpfer der Völkermord an den Armeniern von 1915/16 eine große Rolle gespielt hat, den allerdings auch andere - so Bryce, Townbee oder Morgenthau Sen. - dokumentiert hatten.

Und noch einen Vierten zum Reinwaschen nannte Herr Prof. Goltz in seinem Kommentar zu einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion: Amerikas damaligen Botschafter in Konstantinopel, Henry Morgenthau Senior, Autor eines der besten Zeugnisse über die Armenierverfolgungen und ihre Lenker („Ambassador Morgenthaus’s Story“). In dem Buch rechnet Morgenthau besonders mit Deutschen ab, die sich am Völkermord beteiligten oder ihn offen billigten. Auch Herr Goltz berichtet über Morgenthau im Zusammenhand mit der „konspirativen Tätigkeit 1915 von Lepsius in Konstantinopel, um z. B. in Zusammenarbeit mit dem US-Botschafter Henry Morgenthau, der bekanntlich aus einer jüdischen Mannheimer Familie stammte, die Fakten über den Völkermord zu eruieren.“ „Der Jude Morgenthau“, so Herr Goltz weiter, „hält in seinen berühmten Memoiren den angeblich ‚antisemitischen’ Lepsius für den einzig akzeptablen Deutschen.“ Zum einen hatte Lepsius bei seiner Reise nach Konstantinopel Morgenthau bestimmt nicht aufgesucht, weil dieser Jude, sondern Botschafter der Vereinigten Staaten war und ihm viele Informationen zum Genozid gab, die Lepsius in seinen Enthüllungsbericht einbaute. Zum anderen konnte Morgenthau schlecht wissen, was Lepsius in seinen persönlichen Briefen an einen engen Freund über Juden geschrieben hatte.

Was Morgenthau über Lepsius sagte, ist zweifellos wichtig, weil der US-Botschafter ein scharfsinniger Beobachter war. Interessant für die Beurteilung des Lepsius-Propagandisten Hermann Goltz aber ist, was dieser über Henry Morgenthau tatsächlich denkt. Dazu lohnt sich ein Blick in einen Goltz-Artikel von 1999, in dem er den amerikanischen Armenierfreund wahrnimmt als „die systematische Ablehnung alles Deutschen, ja gelegentlich sogar dessen propagandistische Verteufelung.“ Der „Hausjude“ Morgenthau ist also nach Herrn Goltz ein propagandistischer Verteufler, weil er die Deutschen im Osmanischen Reich so beschrieben hat, wie Lepsius es hätte tun können und tun müssen, aber aus falsch verstandenem Patriotismus nicht tat.

Doch nicht nur das. Als „Beleg“ für dieses Urteil führt Prof. Goltz den amerikanischen Professor an der Princeton-Universität, Heath W. Lowry an, der, so das wörtliche Urteil von Herrn Goltz, „zutreffend aus den Morgenthau-Papieren nachweist“, daß der US-Botschafter mit seinem Buch „eine aufrüttelnde Kriegspropagandaschrift liefern wollte“. Das erinnert sehr an die derzeitigen Attacken der türkischen Nationalisten, die vom britischen Parlament verlangen, die ausgezeichnete Dokumentation Lord Bryce’s von 1916 als Kriegspropaganda zu verurteilen, obgleich eine Neubearbeitung gezeigt hat, daß alle der dort behaupteten Tatsachen stimmen. Der von Herrn Goltz hochgelobte Princeton-Professor aber war jahrelang der Redenschreiber der antiarmenischen Attacken des türkischen Botschafters in Washington und ist der Historiker-Branche als Genozidleugner bestens bekannt.

Auch den Sohn Henry Morgenthau Jr., während des Zweiten Weltkriegs enger Vertrauter von US-Präsident Roosevelt und US-Finanzminister, nach dem Zweiten Weltkrieg eine Haßfigur der alten Nazis, weil er angeblich einen Plan zur Agrarisierung Deutschlands ausgearbeitet hätte, (was nicht stimmte), greift Herr Goltz mit dem Argument an, Henry Morgenthau Jr. habe „aus seinen Jugenderfahrungen bei seinem Botschafter-Vater in Istanbul und aus seiner weiteren politischen Erfahrung die Deutschen als mitschuldig bzw. schuldig an zwei Völkermorden, dem armenischen Genozid und dem jüdischen Holocaust“ bezeichnet. Kindheitserfahrungen bei einem Botschaftervater im Ersten Weltkrieg als Grund für die Zuweisung von Schuld und damit Verantwortung der Deutschen am Holocaust!

In seinem Argumentationsmuster frönt Herr Goltz einer weiteren real-sozialistischen Eigenart, indem er Argumente durch endlose Aufzählungen ersetzt. So führt er aus, „die wissenschaftlich qualifizierten Mitglieder im Förderverein Lepsiushaus Potsdam, die verschiedenen Fakultäten angehören, kooperieren seit längerem mit Historikern, Orientalisten, Armenologen, Turkologen, Germanisten, Kultur- und Kunstwissenschaftlern etc. von Universitäten und Akademien der Wissenschaften in einem internationalen Netzwerk, das von Armenien über die Türkei, die USA, Frankreich, England, Skandinavien, Deutschland, die Schweiz, Österreich, Rumänien, Bulgarien, Russland, den Libanon und Syrien etc. reicht.“

Soll heißen, bei soviel geballter und weitgereister „Wissenschaftlichkeit“ verbietet sich jede Kritik. Der Förderverein, in dessen Vorstand „eine promovierte und habilitierte Armenologin, ein promovierter und ein habilitierter Jurist, ein promovierter und habilitierter Ostkirchenkundler/Orientalist, ein promovierter und habilitierter Kunstwissenschaftler, ein Journalist und ein akademisch qualifizierter evangelischer Pfarrer sowie ein betriebswirtschaftlicher Fachmann als Geschäftsführer“, arbeiten, wie Herr Goltz stolz verkündet, sollte sich vielleicht auch einmal die Schriften ansehen, die die unmittelbaren Nachfolger von Lepsius nach dessen Tod verfaßt haben, um das Lebenswerk fortzuführen.

Exkurs: Ariertum und Armenier

1934 besprach der evangelische Theologe und Herausgeber des „Orient“, Paul Fleischmann, in seinem Leitartikel das Buch „Rassenkunde des jüdischen Volkes“ des als „Rassenpapst“ bezeichneten (promovierten und habilitierten) Eugenikers Hans F. K. Günther, der zusammen mit Houston Steward Chamberlain (einem Lieblingsautor von Johannes Lepsius) einer der Gründer der nationalsozialistischen Rassenideologie war. Zwar verbarg Fleischmann nicht, daß „die Rassenfrage gerade uns zu schaffen macht“, wünschte sich aber in Bezug „auf die Rassengegensätze arisch und semitisch“ ein „Verlangen auf zuverlässige Führung“, das Günther zu geben versprach, beispielsweise um zu klären, „ob sich die Behauptung wirklich aufrecht erhalten läßt, daß die Hauptmasse des jüdischen Volkes rassenmäßig der Hauptmasse des armenischen nahesteht“

Ergänzend dazu hatte die Deutsch-Armenische Gesellschaft eine Sondernummer mit dem Titel „Armeniertum - Ariertum“ herausgegeben, in der der (promovierte und habilitierte) Rassismus-Barde und Hitler-Biograph Johann von Leers den Armeniern die braune Absolution erteilte, denn es müsse genügen, so von Leers, „wenn ein Volk keine irgendwie jüdischen Bestandteile in sich aufgenommen hat, kein Negerblut hat und eine erkennbare blutmäßige Linie zur nordischen Rasse besitzt.“ Diese erkennbare Linie schöpfte er aus dem „Todesgang des armenischen Volkes“ von Lepsius, in welchem ein Deportiertenzug beschrieben wird: „Nie werden wir den Anblick vergessen. Einige wenige Männer, sonst nur Frauen und eine Menge Kinder. Viele davon mit hellem Haar und großen blauen Augen, die uns so todernst und uns mit solcher unbewußten Hoheit anblickten, als wären sie schon Engel des Gerichts.“ Diese Schilderung, die von den beiden Hülfsbund-Schwestern Thora von Wedel-Jarlsberg, einer Norwegerin und Eva Elvers, einer Deutschen, stammten, imponierten dem Rassenfreak von Leers (der übrigens nach dem Krieg aus der Gefangenschaft flüchtete und zum Islam konvertierte). „Die hellen Haare, die blauen Augen, die unbewußte Hoheit im Blick der Kinder, die in den Tod gehen“, schwärmte er, „ist ein untrügerisches Zeichen der edelsten Rasse der europäischen Völkerwelt, der nordischen Rasse!“ Und der spätere SS-Führer beim Stab des Rasse- und Siedlungshauptamtes Himmlers erhob die Armenier kurzerhand zu Ariern.

Eine Goltzsche Aufzählung der hervorragenden Eigenschaften von Johannes Lepsius sei mir noch gestattet, denn sie führt zum Kern des Problems. Herr Goltz nannte Johannes Lepsius in seiner Erwiderung einen „bedeutenden Philosophen, Theologen, Dokumentaristen, Schriftsteller, Publizisten und Politiker“. Er verschwieg, daß Johannes Lepsius in erster Linie ein Missionstheologe war.

Exkurs: Der Missionstheologe Johannes Lepsius

Der Theologe Lepsius hatte einst sein Pfarramt aufgegeben, um sich ganz der Hilfsaktion für die Armenier zu widmen, doch die war für Lepsius erst durch den Lauf der Geschichte in den Vordergrund gerückt. Als seine wirkliche Berufung sah Johannes Lepsius seine Missionstheologie an. Sie war für ihn der intellektuelle Schlüssel seines Lebens. Ihr ist auch die einzige Doktorarbeit über Lepsius gewidmet worden (Andreas Baumann: Johannes Lepsius’ Missiologie) und sie steht im Vordergrund eines langen Artikels des besten deutschsprachigen Osmanologen, Hans-Lukas Kieser, in der „Armenisch-Deutschen Korrespondenz.“

Und diese Lepsius-Mission war auf etwas ausgerichtet, das für die gegenwärtige Diskussion von Bedeutung ist: Johannes Lepsius wollte im Endeffekt Muslime (und sogar Juden) zu Christen machen. „Muhammedanermission“ hieß seine Absicht in der Sprache der Zeit - und diese Mission war lange Zeit auch Unter-Titel seiner Zeitschriften „Der Christliche Orient“ und dem Nachfolger „Der Orient.“

Bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts waren protestantische deutsche Missionare Laien. Lepsius und seine Freunde wollten das grundlegend ändern. Theologen sollten in Zukunft auch für Deutschland - für Amerika taten sie es schon seit vielen Jahrzehnten - die Aufgabe übernehmen, die Türkei für das (protestantische) Christentum zu gewinnen. Als die beiden ersten dafür auserkorenen evangelisch-lutherischen Missionstheologen am 12. November 1893 feierlich verabschiedet wurden, berichtete Lepsius „von einer Absicht, die ich schon lange im Herzen getragen habe: Ein Seminar für eine Arbeit unter den Mohammedanern wie unter den Juden und unter den orientalischen Christen zu gründen.“ Lepsius verlangte, „daß der deutschen Christenheit die Bekehrung der mohammedanischen Welt zu einem ernsten Gewissenanliegen wird.“ Das, so Lepsius, sei „die deutsche Missionsaufgabe.“ Und sie sollte im Orient stattfinden, Namensgeber der Lepsius-Zeitschriften.

Die orientalischen Christen aber, Armenier inbegriffen, seien, so Lepsius, „die erstorbenen Kirchen der morgenländischen Welt.“ Die Missionierung wäre viel einfacher, kommentiert sein ihm lebenslang ergebener Sekretär und wichtigster Ansprechpartner in Sachen Mission, Richard Schäfer, ‚“wenn diese Kirchen mit der widerwärtigen Konkurrenz ihrer Konfessionen nicht wären.“ Okzident und Orient hätten „eine so ganz andersartige Lebensanschauung im Auge“, so der Orient-Vorsitzende Paul Fleischmann, „daß nicht einmal das Allerinnerlichste, die Religion, imstande ist, einen völligen Ausgleich zu schaffen. Der orientalische Christ, auch wenn sein Christentum echt ist, ist trotz aller Gemeinsamkeiten mit uns doch noch ein anderes Wesen als der abendländische Christ.“ Lepsius zu den orientalischen Christen kurz und bündig: „Wir haben auch unter ihnen eine Aufgabe.“

War Johannes Lepsius einer der letzten Kreuzritter des Abendlands? Man beurteile es nach seinen eigenen Worten: „Das Heil der Welt ist im Morgenlande schon dreimal verlorengegangen“, schrieb er, „das erstemal, als Jerusalem zerstört und Israel verworfen wurde, das zweitemal, als die Truppen des Omar Jerusalem eroberten, und das drittemal, als sich die europäische Christenheit als ohnmächtig erwies, das wiedereroberte Jerusalem zu halten.“

„Daß es im Kampf gegen den Islam hart auf hart gehen muß“, so sein Jünger Richard Schäfer, „das hat Lepsius damals bereits empfunden. Und daß auf christlicher Seite nicht Sanitäter als Kämpfer stehen können.“ Zu Ostern 1886 gründete Lepsius die Deutsche Orient-Mission (D.O.M) zur Ausbildung der evangelischen Missionare. Doch gleichzeitig wurde er Zeuge der Armeniermassaker von 1895 - und schlug sich zu den Sanitätern, um den Armeniern zu helfen. „Durch die Logik der Tat wurde das Programm der D.O.M., in dem zunächst nur an die Mohammedanermission gedacht war, auf diese Aufgabe abgelenkt“, schrieb Lepsius.

War das großherzige Hilfswerk an den Armeniern eine Kapitulation des Missionstheologen? Sicherlich nicht. Lepsius hat seinen Missionsgedanken bis zu seinem Lebensende verfolgt. Noch vier Monate vor seinem Tod mietete er in der Nähe der Weinmeisterstraße für eine theologische Ausbildungsstätte ein Haus an, das seine Nachfolger dann wieder aufgegeben haben. Und noch lange nach seinem Tod hielten seine Jünger an diesem Ziel fest. Noch 1938 erklärten sie als „Ziel und Zweck“ der „Dr. Lepsius Deutsche Orient-Mission, die Mission an den Mohammedanern in den Vordergrund zu stellen.“ Gleichzeitig mußte der Kuratoriumsvorsitzende Siegfried Knak, Professor an der Kirchlichen Hochschule Berlin, jedoch feststellen, „daß aufs ganze gesehen, die Welt des Islam bisher unerschüttert geblieben ist.“ Kaum ein Moslem hatte sich konvertieren lassen.

Aber die Idee der „Muhammedanermission“ hatte vermutlich tragische Folgen für die armenischen Schutzbefohlenen der einzigen Lepsius-Missionsstation im Osmanischen Reich, in Urfa also. Während viele armenische Waisen in der Obhut des Frankfurter Hülfsbundes, wenn auch mit größten Mühen, noch relativ lange nach Deportationsbeginn unbehelligt blieben und damit ihre Überlebenschancen erheblich stiegen, gingen die Jungtürken in Urfa zum Schaden der Missionswaisen mit großer Schärfe vor. Diakon Künzler hatte dafür in einem Bericht vom 8. August 1917 eine Erklärung: „Die Gründung unserer Ourfa Station liegt nun bereits 20 Jahre hinter uns. Sie erfolgte nach dem Blutbad 1896 und bestand seit jener Zeit hier in der Arbeit im Waisenhaus und Spital. War die Arbeit unserer Mission anfänglich Hilfswerk für die aus 1000 Wunden blutenden Armenier, so wurde bald auf unsere Missionsfahne auch Muhammedanermission geschrieben“, begann er seine kritischen Anmerkungen für seine Potsdamer Vorgesetzten, um ein paar Seiten weiter für die Nachkriegszeit zu prognostizieren: „Gegen die Missionen, auch wenn sie deutsch sind, wird die jungtürkische Regierung unerbittlich sein. Unerbittlich besonders wenn diese auf ihre Fahne Mohammedanermission [von Künzler unterstrichen] geschrieben haben. Wenn auch die Jungtürken schlechte Mohamedaner sind, meist mehr oder weniger atheistisch, so sind sie doch tief innerlich islamisch, wo nicht gar pan-islamisch gesinnt.“ Eine hellsichtige Analyse Künzlers, die noch heute für die politischen Nachfolger der Jungtürken in Parlament und Gesellschaft gilt.

Mit dem Primat der Missionsarbeit bei Johannes Lepsius, der Ablehnung jeglicher wissenschaftlicher Aufarbeitung des Völkermord durch Prof. Goltz sowie seiner Weigerung einer kritischen Lepsiuserforschung zugunsten einer Fixierung auf reine Propaganda für Lepsius schließt sich der Kreis um die Resolution des Bundestags und das Lepsiushaus. Eine der wichtigsten Forderungen oder zumindest der größten Hoffnungen der deutschen Parlamentarier war, „Türken und Armenier dabei zu unterstützen, über die Gräben der Vergangenheit hinweg nach Wegen der Versöhnung und Verständigung zu suchen“. Und „gerade angesichts der großen Anzahl der in Deutschland lebenden Muslime aus der Türkei ist es eine wichtige Aufgabe, sich die Geschichte zu vergegenwärtigen und dadurch auch zur Aussöhnung beizutragen.“

Lepsiushaus-Chef Hermann Goltz versuchte auch in dieser Frage, sich selbst ins Spiel zu bringen. „Der entscheidende Anknüpfungspunkt im Antrag war die Forderung aller Fraktionen des Bundestages in der ,Armenien-Resolution' von 2005“, schreibt er, „die Erinnerung an Leben und Werk von Dr. Johannes Lepsius zu bewahren und so den Dialog und die Versöhnung besonders zwischen dem deutschen, dem armenischen und dem türkischen Volk zu fördern.“ Diese Verbindung ist in der Resolution nie hergestellt worden und deshalb reine Augenwischerei der Bundestagsabgeordneten.

Muslimischen Türken sollen sich im Haus eines Islam-Missionars mit den von Lepsius & Co wegen ihres Glaubens als nicht ebenbürtig angesehenen Armeniern („Armenien war unter den Niedriggesinnten der Edle“) treffen, um über den Völkermord zu sprechen? Das Lepsiushaus ist für Fortschritte in der Frage einer Aussöhnung zwischen Armeniern, Türken und Deutschen die höchstmögliche Hürde. Eine Annäherung zwischen Armeniern und Türken aber ist ein erklärter Wunsch der deutschen Parlamentarier, die ihrerseits alle Möglichkeiten haben, diese wichtige Entwicklung zu fördern.

Der Bundestag hat seinerzeit die Bundesregierung aufgefordert, „dabei mitzuhelfen, daß zwischen Türken und Armeniern ein Ausgleich durch Aufarbeitung, Versöhnen und Verzeihen historischer Schuld erreicht wird“ und „dabei zu helfen, daß die Türkei und Armenien ihre zwischenstaatlichen Beziehungen normalisieren.“ Inzwischen sind - ob nun mit Hilfe Deutschlands oder nicht -, von der Republik Armenien und der Republik Türkei offiziell Verhandlungen vereinbart, wobei zu befürchten ist, daß das schwache Armenien der starken Türkei in Fragen des Völkermords kaum etwas abringen kann. Das jedenfalls befürchten die Diaspora-Armenier, die rein zahlenmäßig mehr als doppelt so stark sind wie die Republik-Armenier.

In der Resolution des Deutschen Bundestags zeigten sich die Fraktionen in Bezug auf den Völkermord von 1915 „davon überzeugt, daß eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte notwendig ist“. Eine Aufarbeitung der Geschichte heißt von deutscher Seite, auch zu untersuchen, welche Rolle Deutschland als Partner der Türkei gespielt hat, das schließt die politische Führungsspitze ein, sowie die deutschen Diplomaten und Militärs in der Türkei. Im Lepsiushaus aber ist nur von der Rolle eines einzigen deutschen Helfers und seiner Mitstreiter die Rede. Zur angekündigten Hamburg-Premiere (nebst Vorverkaufsempfehlung von Herr Goltz, der offenbar ein übervolles Haus erwartet hatte) des mit Bundesmitteln gedrehten Lepsius-Films „Asche und Phönix“ am 17. November 2009 verlor sich ein Häuflein von cirka 30 Zuschauern im ohnehin kleinen Abaton-Kino. Obgleich im Film der Völkermord von 1915/16 praktisch nicht stattfand, wurde in der anschließenden Diskussion ausschließlich nach diesem Völkermord gefragt. Leicht genervt versuchte Prof. Goltz die Besucher wieder auf Lepsius zu fokussieren, doch konnte ihm nicht verborgen bleiben, daß es in der öffentlichen Wahrnehmung selbst bei den Armeniern in erster Linie Interesse an der Aufklärung des Völkermords gibt, weniger an der Person von Johannes Lepsius, von den Nicht-Armeniern ganz zu schweigen. Ist das Verschwinden eines kompletten Völkermords hinter einer wenig gefragten Person die politische Intention des Bundestags?

Die im deutschen Bundestag vertretenen Parteien oder ihre Stiftungen bringen alle politischen und organisatorischen Voraussetzungen mit, Türken, Kurden, Armenier und Deutsche zusammenzuführen. Einige gut organisierte workshops über den Völkermord könnten Licht in viel Dunkelheit bringen. Und sie wären eine vorzügliche Ergänzung zu den offiziellen Gesprächen zwischen der Türkei und Armenien, die zwangweise noch lange von rein politischem Kalkül geprägt sein werden. Deutschland hat viel Schuld gegenüber den Armeniern auf sich geladen und muß dazu beitragen, die Spannungen zwischen Armeniern und Türken abzubauen. Das mag ein Prozeß sein, der Jahre oder Jahrzehnte dauern wird, aber er muß ernsthaft begonnen werden. Durch den Personenkult um Lepsius aber wird er verhindert.

Als Vorbild für diesen so wichtigen Dialog haben inzwischen Armenier, Türken und Kurden den Armenier Hrant Dink erkoren, der sich als türkischer Bürger fühlte und für Verständigung warb - und dabei den Genozid nicht im Geringsten ausklammerte. Seine Ermordung durch einen nationalistischen Türken, hinter dem haßerfüllte Ultras standen, hat in der Türkei zu einer seit einem Jahrhundert nicht mehr erlebten Welle der Solidarität zwischen armenischen Christen und türkisch-kurdischen Muslimen geführt, die Mut macht. Unter Dinks Namen haben sich in mehreren Ländern, die Türkei eingeschlossen, Graswurzel-Initiativen gebildet, die das armenisch-türkisch-kurdische Problem an der Wurzel Anpacken wollen.

Und Hermann Goltz und sein Traumschiff in Potsdam? Das Lepsiushaus Potsdam e.V. hat sich einen offiziellen Untertitel zugelegt: Deutsch-Armenische Akademie, gegründet von Johannes Lepsius und James Greenfield 1915. Es ist ein Täuschungsversuch, denn Lepsius und sein armenischer Freund James Greenfield haben diese Akademie nie gegründet, sondern in der Wohnung Greenfields am 23. Oktober 1925 besprochen („begründet“, wie Herr Goltz in seinem ‚Thematischen Lexikon“ selbst schreibt). Sie hat nicht ein einziges Schriftstück hervorgebracht und selbst Lepsius schien ihr wenig Interesse entgegenzubringen. Als der für das Konzept vorgesehene Mitarbeiter den alten Herrn vor dessen Tod noch einmal darauf ansprach, nickte der sanft ein.

Alles deutet darauf hin, daß der Herr Professor inzwischen endgültig die Bodenhaftung verloren hat. Denn seit kurzem spielt er sich ganz offensichtlich als eine Art Agentur des Auswärtigen Amts auf, indem er das Lepsiushaus einer den Genozid nach wie vor verneinenden türkischen Regierung vielleicht gar zur Kooperation anbietet - und damit als deutsches Feigenblatt der türkischen Regierung. Im derzeit laufenden armenisch-türkischen Dialog soll auf türkisches Drängen eine armenisch-türkische Historikerkommission eingerichtet werden, in der auch Forscher anderer Nationalität nicht ausgeschlossen würden. Diese Kommission soll der Frage nachgehen, ob 1915/16 ein Völkermord stattgefunden hat oder nicht. Gegen diese Kommission läuft die armenische Diaspora Sturm, weil sie in der Tat befürchten muß, daß die politisch starke Türkei der politisch schwachen - weil von der Grenzöffnung wirtschaftlich abhängigen - Republik Armenien ihren Willen aufzwingen kann, den Völkermord zu minimieren und nicht als Genozid zu qualifizieren. Und nun soll ihr nach den Vorstellungen von Herrn Goltz ausgerechnet jene deutsche Institution beispringen, die nicht nur den Völkermord aus ihrer Agenda praktisch gestrichen hat, sondern auch keinerlei Kompetenz mitbringt, über den Genozid zu urteilen.

Diese Information verdanken wir dem bekannten armenisch-deutschen Armenologen Dr. Gerayer Koutcharian, der seine Dissertation über den Siedlungsraum der Armenier seit dem Berliner Kongreß von 1878 geschrieben und sich damit auch den Massakern und dem Genozid gewidmet hat. Er ist Mitglied des Lepsiushaus-Vereins und daher aus erster Hand informiert. Er argumentiert in einer Protestnote vehement gegen diese anti-armenische Volte von Herrn Goltz.

Und die deutschen Parlamentarier? Sie stünden bei Nicht-Handeln in dieser Affäre schlecht da und würden nicht nur den Spott der internationalen Historiker-Gemeinde, sondern auch Proteste auf sich lenken. Denn Herr Goltz kann jederzeit argumentieren, daß der Bundestag nur ihn und das Lepsiushaus mit der Ausführung der Resolution beauftragt hat. Jetzt rächt sich, daß das deutsche Parlament weder vor noch nach der Resolution jemals einen der wenigen deutschen Experten befragt hat und sich Anregungen für die Ausführung der Resolutionsbeschlüsse geholt hat, sondern alles unter der Hand erledigte.

Wenn der Bundestag nicht schnell handelt, wird er sich vorhalten lassen müssen, Deutschland via Lepsiushaus in zweites Mal in eine unheilige Allianz zu Lasten der Armenier geführt zu haben. Über die Schande wird gesprochen werden, daß bis heute der Völkermord an den Armeniern an keiner deutschen Universität in gebührender Form thematisiert wird, daß noch nie ein deutscher Student eine Dissertation über diesen Genozid angefertigt hat. Das von mir herausgegebene Buch mit den Dokumenten des Auswärtigen Amts zum Völkermord wurde zwar vom Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, 2008 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion als die nunmehr gültige Fassung bezeichnet, aber es war und ist eine rein private Arbeit von meiner Frau und mir, die von keiner deutschen Stelle auch nur mit einem Cent unterstützt worden ist.

Ich ersuche die deutschen Parlamentarier, dem Spuk der Vertuschung des Genozids durch das Lepsiushaus ein Ende zu bereiten und endlich eine seriöse wissenschaftliche Institution mit der Aufarbeitung des Völkermords an den Armenier zu beauftragen. Auch das entstehende armenisch-türkisch-kurdisch-deutsche Netzwerk verdient Unterstützung durch die Politik, besonders in organisatorischer, aber auch in finanzieller Hinsicht. In diesem Netzwerk steht das größte Tabu der Türkei, der Völkermord an den Armeniern, im Zentrum der Diskussion, Eine solche Bewegung arbeitet nicht nur Geschichte auf, sondern praktiziert Völkerverständigung, indem sie versucht, eines der heikelsten Feindbilder der Geschichte abzubauen. Diese Bewegung - und nicht ein Propagandainstitut - verdient Unterstützung und wird Hilfen um ein Vielfaches zurückzahlen.